1 Jahr Nichtraucher – wie ich es geschafft habe
Ich bin inzwischen seit gut einem Jahr Nichtraucher. Am 9. November 2014 habe ich meine (vorerst) letzte Zigarette geraucht. Ich habe in diesem Jahr lediglich 4 mal an einer Zigarette gezogen. Und fand es jedes Mal so ganz furchtbar scheußlich. Aber ich bin sicher noch lange nicht über den Berg, was diese Sucht angeht.
Warum ist man nie wirklich „trocken“?
- Ich glaube ja, mit Rauchern ist es wie mit Alkoholikern. Man kann noch so lange trocken sein, sobald man wieder einen Schluck trinkt, steckt man wieder drin. Und beim Rauchen eben das gleiche. Man kann noch so lange Nichtraucher sein, wenn man wieder eine Zigarette raucht, steckt man wieder drin in der Sucht. Ich weiß, dass es jetzt viele gibt die an dieser Stelle aufschreien werden und behaupten werden, dass sei so nicht wahr und sie können durchaus nur mal hin und wieder eine rauchen ohne gleich wieder zum Vollzeit-Raucher zu werden. Sei’s drum. Ich seh das anders. Und wenn ich an den Punkt komme, wie und warum ich es geschafft habe aufzuhören, werdet ihr sehen wieso.
- Ich hab immer noch Gelüste. Klar, bei weitem nicht mehr so oft und häufig wie zu den Zeiten als ich noch Raucher war. Aber ganz besonders dann, wenn ich ein paar Bierchen getrunken habe oder mich sehr gestresst und genervt fühle. Und dass ich noch Gelüste habe, sieht man ja daran, dass ich in diesem Jahr doch 4 mal gezogen habe. Und das auch erst in den letzten 4 Monaten. Ja, da ist sie…die Gefahr, dass man doch mal wieder eine raucht. Man ist ja jetzt schon so lange weg davon, da kann die eine ja nicht schaden. Zum Glück schmeckt’s für mich im Moment einfach eklig.
- Ich vermisse das rauchen. Und habe immer so gern geraucht. Ich mag das soziale am rauchen (“Gehste mit eine rauchen? Komm, wir rauchen noch eine und dann gehen wir heim.”) und das entspannende (“Erstmal eine rauchen und dann sehen wir weiter.”). Und das vermisse ich. Als ich neulich in meinen kleinen Bungalow eingezogen bin, habe ich alles eingeräumt und eingerichtet und mich dann zufrieden mit meinem Tagwerk und einem kühlen Bierchen auf meine tropische Terrasse gesetzt. Und dann hat mir irgendwas gefehlt. Jawohl, eine Zigarette. Hach, wäre das schön gewesen so ganz in Ruhe für mich alleine auf meiner Terrasse zum Einzug eine zu rauchen.
Aber gut, ich bin optimistisch, dass ich auch weiterhin Nichtraucher bleibe. Wenn man sich bewusst ist, dass man jederzeit rückfällig werden kann und warum (siehe oben) ist das doch schon die halbe Miete, oder?
Wie kann man es schaffen?
Aber kommen wir zur Frage aller Fragen. Und diese habe ich im letzten Jahr so oft gestellt bekommen, ihr könnt’s euch gar nicht vorstellen! Und das war auch der Grund, warum ich endlich mal diesen Post schreiben wollte. Dann kann ich beim nächsten Mal einfach nur antworten: “Lies meinen Bog!” 😉
Wie hast du es geschafft aufzuhören? Einfach so von heute auf morgen oder was hast du gemacht?
Es ist schwierig, diese Frage so einfach mit einer Antwort zu beantworten. Es war ein Zusammenspiel von vielen verschiedenen Faktoren. Und vielleicht müsste ich eher erst einmal meine Raucher-Geschichte erzählen. Aber das ginge jetzt zu weit. Fangen wir mit dem Wichtigsten an:
- Ich hab das berühmt-berüchtigte Buch „Endlich Nichtraucher!“ von Allen Carr gelesen (gibt’s hier bei Amazon* zu kaufen). Und ja, es hat tatsächlich funktioniert. Aber vielleicht nicht so wie der Autor es ursprünglich beabsichtigt hatte (und vielleicht wirkt das Buch auch bei jedem anders). Sondern ich habe erst ein gutes Jahr, nachdem ich das Buch gelesen hatte, mit dem Rauchen aufgehört. Heute weiß ich, dass es zwei, drei Passagen in dem Buch gab, die einfach eine Weile in mir und meinem Kopf arbeiten mussten, um mich zu der Erkenntnis kommen zu lassen, dass es wirklich an der Zeit ist, das Rauchen zu stecken. Jetzt seid ihr sicher neugierig und wollt wissen welche Passagen das waren, oder?!? Leider kann ich das so genau gar nicht mehr sagen, aber es war wohl irgendwas was so in die Richtung zielte: ‘Es gibt nicht “nur” diese eine Zigarette. Sobald man eine Zigarette braucht, ist man abhängig vom Rauchen.’ Und das mag sich jetzt vielleicht für den ein oder anderen echt schräg anhören (wo doch jeder weiß, dass Nikotin eine “Droge” ist, die abhängig macht), aber das war für mich der Erkenntnisgewinn schlechthin: Ich bin abhängig! Ganz einfach. Ich bin abhängig von einem kleinen glühenden Stängelchen. Und all das Gerede von wegen, ich rauche nur wenn ich feier oder Stress habe oder was auch immer ich mir (man sich) so einredete um meine Sucht schönzureden, ist eben schlicht und einfach auch nur genau das: Gerede. Wer mich persönlich etwas kennt, der weiß, dass ich leichte Kontrollfreak-Tendenzen habe. Und jetzt kommt der eigentliche Clou: als Kontrollfreak nicht selbst zu bestimmen sondern etwas Anderes (die Sucht!) über mich und meinen Tagesablauf bestimmen zu lassen? No way!!!
- Und da geht es auch schon fließend über in den zweiten Punkt…ich befand mich damals an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich mich grundsätzlich sehr eingeengt und gefangen gefühlt habe. Von allen möglichen beruflichen und privaten Verpflichtungen, von anderen Menschen, die über meine wertvolle Lebenszeit bestimmten und von gesellschaftlichen Konventionen, die mir diktieren wollten, wie ich mein Leben zu leben habe (weil man das eben so macht). Ich hatte bereits angefangen, mich langsam daraus zu befreien und mir Schritt für Schritt meine Freiheit und Selbstständigkeit zurück zu erarbeiten. Und dann die Erkenntnis, dass ich mich freiwillig (!!!) in eine Abhängigkeit begebe und mir von einer Sucht diktieren lasse, was ich wann zu tun habe! Mir war plötzlich so klar, dass ich das auf keinen Fall länger möchte. Ich möchte diese Sucht und Abhängigkeit nicht mehr in meinem Leben haben.
- Und natürlich waren da auch all die anderen Gründen, die man so kennt und aus denen heraus viele versuchen das Rauchen aufzugeben: Geld, Gesundheit, es stinkt usw.
Für mich war hier, ganz rational wie ich eben so bin, vor allem der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund. Gar nicht so sehr die Langzeitfolgen und dass man früher stirbt oder was auch immer (immerhin kann sich die Lunge regenerieren). Sondern eher die Erkenntnis, dass es mich jetzt im Moment einschränkt (aha, da ist ja doch wieder das Motiv der Einschränkung von außen…zieht sich doch wie ein roter Faden durch #erkenntnisübermichselbst): dass meine Kondition ziemlich hinüber ist und ich wie ein altes Walross schnaufe wenn ich mal in den dritten Stock hochlaufen muss. Zumal ich damals eh auch angefangen habe, vermehrt auf gesunde und ausgewogene Ernährung (grüne Smoothies, Chia-Samen und der ganze Bio-Schmodder…ihr wißt schon 😉 ) und Lebensweise (mehr Sport, Yoga, Meditation und das ganze Selbstoptimierungs-Gedöns *ohm*) zu achten bzw. auf diese umzustellen. Da hat Rauchen halt auch nicht mehr so wirklich dazu gepasst.
Die Sache mit dem Willen
Ich habe das immer nie verstanden, wenn allgemein gesagt wird, dass man es nur dann schafft aufzuhören, wenn man es will. Oder wenn Ex-Raucher auf die Frage, wie sie es geschafft haben aufzuhören, geantwortet haben, dass sie es eben gewollt haben. In all den Zeiten, in denen ich es (erfolglos) versucht habe, hab ich mir dann immer gedacht: ‘Aber ich will doch aufhören! Warum klappt es denn bei mir nicht?’ und war dann völlig ratlos darüber.
Jetzt verstehe ich das mit dem “Willen”. Zumindest für mich. Es ging gar nicht um das “aufhören wollen zu rauchen”, sondern um das “nicht mehr rauchen zu wollen”. Sorry, falls jetzt der ein oder andere an dieser Stelle ausgestiegen ist. Für den Rest macht es hoffentlich Sinn 😉 Also, ja, auch ich habe aufgehört, weil ich es gewollt habe. Und zwar wirklich. All die vielen Versuche davor, wollte ich zwar vielleicht in meinem Kopf oder ich wollte wollen, aber ich hab es nicht wirklich gewollt.
Typische Fragen an Nichtraucher aka Ex-Raucher
So, und was sind nun nach der Frage nach dem ‘wie’, die zweithäufigsten Fragen dazu…?!?
War es schwer? Hier ‘nein’ zu sagen wäre eine Lüge. Aber es war deutlich leichter wie gedacht.
Hast du zugenommen? Nein! Und das ist das Beste 🙂 und das worüber viele dann erstaunt sind. Aber da ich nicht aufgehört habe, um Geld zu sparen oder auf meine Gesundheit zu achten oder so, sondern weil ich endlich nicht mehr süchtig und abhängig sein wollte, habe ich das Rauchen nicht durch eine andere Sucht substituiert, wie z.B. Süßigkeiten oder Essen im Allgemeinen. Ziemlich clever, was? 😉
Vermisst du es? Jaaaa! Siehe oben.
Fühlst du dich jetzt wirklich besser? Jaaaa! Unabhängig davon, dass ich, meine Klamotten und meine Finger nicht mehr nach Rauch und Nikotin stinken, ich wieder enorm verbesserte Geschmacksnerven habe und Essen und Getränke richtig und intensiv schmecken kann, ich fitter bin und ein spürbar höheres Grund-Energielevel habe, ist das Beste, dass jeder Kater am nächsten Morgen nur noch halb so schlimm ist. Ganz ehrlich!